BMWE-Fachaufsicht über Abschlussprüferaufsichtsstelle
Beitragsbild wp.weekly 01.08.2025: Warum eine Fachaufsicht des BMWE über die APAS dringend geboten ist. Anhand des Gutachtens von Prof. Kluth begründet Michael Gschrei diese wp.net Forderung.
Kategorie: Aktuelles
Datum: 01.08.2025

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Die APAS ist das zentrale Organ der PIE-Abschlussprüferaufsicht. Sie hat die Fachaufsicht über die WPK bei der Auswertung der Qualitätskontrollen und ist darüber hinaus verantwortlich für die regelmäßigen Inspektionen der PIE-Prüfer. Trotz dieser für den WP-Berufsstand wesentlichen und unter Umständen folgenreichen Tätigkeit agiert die APAS seit ihrer Gründung 2016 ohne jede ministerielle Fachaufsicht.

Was uns als die Beachtung der Unabhängigkeit präsentiert wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als rechtsfreier Raum der APAS mit weitreichenden Folgen. Fehlende Kontrollen, dafür aber personelle Verflechtungen aus der APAK-Zeit und strukturelle Intransparenz gefährden nicht nur die Qualität der Aufsicht, sondern können auch das Vertrauen in die Abschlussprüfung untergraben.

In diesem Weekly zeigen wir mit den Argumenten von Prof. Kluth auf, warum die Einführung der ministeriellen Fachaufsicht über die APAS zwingend geboten ist.

Es ist an der Zeit, dass Regierung und Parlament ihrer Verantwortung gerecht werden – und der Aufsicht selbst eine Aufsicht geben.

Michael Gschrei stellt Ihnen die zentralen Punkte aus dem Gutachten von Prof. Kluth vor.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Es grüßt Sie herzlich
Ihre Andrea Frei
WPin/StBin


wp.weekly

 


 

BMWE-Fachaufsicht über die Abschlussprüferaufsichtsstelle

 

1. Was macht die APAS?

Die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) wurde im Jahr 2016 als Nachfolgerin der Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) eingerichtet. Sie ist als Abteilung I des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesiedelt (§ 66a WPO).

Die zentralen Aufgaben der APAS umfassen zwei Bereiche:

  • die externe Berufsaufsicht und Qualitätssicherung bei Prüfern von Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE-Prüfern) sowie
  • die Fachaufsicht über die Wirtschaftsprüferkammer (WPK), soweit diese hoheitliche Aufgaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 WPO wahrnimmt. Dies betrifft insbesondere die gesetzlichen Abschlussprüfungen, die Tätigkeit der Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK) sowie die Vorschriften zur Vorbefassung (VOBA).

Die konkreten Aufgaben der APAS im Verhältnis zur WPK und deren Mitgliedern sind insbesondere: 

a) Die Durchführung regelmäßiger Inspektionen bei allen PIE-Prüfern im Dreijahresintervall, 
b) die fachliche Aufsicht und Letztentscheidung über die WPK bei der Bewertung von Qualitätskontrollen, 
c) die Mitwirkung an Berufsaufsichtsverfahren der WPK (§§ 62a, 66b, 66c WPO) sowie 
d) die Einflussnahme auf die Inhalte der WPK-Satzung zur Qualitätskontrolle und auf die Hinweise der Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK). 

Weiterführende Informationen zur Tätigkeit der APAS finden sich in den jeweiligen Jahresberichten der APAS und in den Tätigkeitsberichten der KfQK (z. B. Bericht der APAS 2024Bericht der KfQK 2024).

 

2. Gründe von wp-net und Prof. Kluth für die Einführung einer Fachaufsicht über die APAS

 

a) Fachaufsicht über die APAS wegen anscheinend unzureichender Aufsicht bei PIE-Prüfungen

Im Zuge der WPO-Reform 2015/2016 hat wp-net ein Rechtsgutachten zur Fachaufsicht über die APAS bei Herrn Prof. Dr. Kluth in Auftrag gegeben. Hintergrund war u.a. die Weigerung des Gesetzgebers – trotz der Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008 ff. – eine wirksame Kontrolle der Abschlussprüferaufsicht zu schaffen (siehe wp-net-Magazine 2009 und 2011). Auch Bundespräsident Joachim Gauck verweigerte seinerzeit die Zurückverweisung des Gesetzes zur Nachbesserung.

Diese Reformblindheit bereitete für uns nach unserer Einschätzung dem nächsten Bilanzskandal den Boden: Der mutmaßliche Betrug der Wirecard-Führung ab dem Jahr 2016 konnte sich unbehelligt entwickeln. Sogar der Leiter der APAS handelte mit Wirecard-Aktien. Rückblickend zeigt sich, dass die Aufsicht über die PIE-Prüfer lediglich formal neu geregelt wurde. Die APAS agierte von Beginn an eher als bürokratische Behörde, denn als effektive Aufsichtsinstanz, was vor allem die kleinen PIE-Prüfer zu spüren bekamen. 

Wie dem Protokoll des Wirecard-Untersuchungsausschusses zu entnehmen ist, hatte die APAS über Jahre hinweg weder eine Risikoanalyse bei der Auftragsauswahl betrieben, noch die Vielzahl internationaler Presseberichte zu Wirecard gelesen. Ein Vertreter der APAS erklärte im Ausschuss sinngemäß, dass das Wirecard-Mandat gar nicht Bestandteil der Inspektionsauswahl gewesen sei – und man Presseberichte erst Anfang 2019 zur Kenntnis genommen habe. 

Tatsächlich war die erste und letzte mandatsbezogene Inspektion zur Wirecard-Prüfung bereits 2014 durch die Vorgängerin APAK erfolgt (vgl. Protokoll Wirecard-UA, S. 475). Obwohl EY von der APAS inspiziert wurde, wurde das Wirecard-Mandat nicht risikoorientiert einbezogen. Damit wurde gegen die Verpflichtung aus Art. 26 Abs. 2 der EU-Verordnung 537/2014 verstoßen, wonach die Auswahl der zu prüfenden Mandate ausdrücklich anhand einer Risikoanalyse zu erfolgen hat – ohne Ermessensspielraum.

Die Versäumnisse scheinen sich fortzusetzen: Im Jahr 2024 wurde ein weiterer schwerwiegender Fall öffentlich – der Bilanzskandal der BayWa AG im Jahresabschluss 2023. Auch hier stellt sich die Frage, ob die APAS im Rahmen ihrer Inspektionen bei PwC nicht versagt hat:

  • Wurde das BayWa-Mandat risikoorientiert ausgewählt? 
  • Wurde es möglicherweise übersehen? 
  • Oder war es Teil der Auswahl – aber die Schieflage wurde von PwC wie auch von der APAS nicht erkannt?

Die Aussagen des APAS-Unterabteilungsleiters im Wirecard-Untersuchungsausschuss zur Mandatsauswahl (vgl. Protokoll-UA, S. 488f.: „Auswahl anhand verschiedenster Kriterien….“) belegen, dass der APAS bei der Auswahl der Untersuchungsmandate eine konsequente risikoorientierte Auftragsauswahl fehlte – entgegen Art. 26 der EU-Verordnung.

Diese anscheinend wiederholten Versäumnisse sind kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Sie zeigen, dass eine wirksame ministerielle Fachaufsicht über die APAS notwendig und rechtlich geboten ist – zum Schutz der Kapitalmärkte und der öffentlichen Glaubwürdigkeit des prüfenden Berufsstands. 

 

b) Rechtliche Erfordernisse für eine Fachaufsicht nach dem Gutachten von Prof. Kluth

Der Regierungsentwurf zur WPO-Reform 2015/2016 verzichtete weitgehend unbegründet auf die Einführung einer ministeriellen Fachaufsicht über die APAS. Als Rechtfertigung wurde lapidar auf die „Letztverantwortung“ der APAS nach europäischem Recht verwiesen.

Prof. Kluth widerspricht dem entschieden. Sein Gutachten für wp-net kommt zu einem klaren Ergebnis: Gerade wegen der Letztverantwortung der APAS hätte eine Fachaufsicht zwingend eingerichtet werden müssen. Nur so lassen sich systemische Risiken – insbesondere strukturelle Interessenkonflikte – wirksam vermeiden. 

Ein zentrales Problem sieht Prof. Kluth in möglichen personellen Verflechtungen: Viele der von der APAK übernommenen Berufsträger der APAS stammen aus den Big Four. Diese könnten – etwa durch betriebliche Altersversorgungsansprüche oder persönliche Netzwerke – auch nach dem Wechsel in die Aufsicht eine Nähe zu ihren früheren Arbeitgebern haben. Auffällig ist zudem, dass 2015 dem letzten Nicht-Big4-Wirtschaftsprüfer in der APAK von der WPK gekündigt wurde – ein KMU-WP war damit bei der Übernahme der APAK-WPs am APAS-Start nicht vertreten.

Aus organisationsrechtlicher Sicht ist die Einrichtung einer Fachaufsicht daher folgerichtig: 

Das fachliche Weisungsrecht des zuständigen Bundesministeriums (BMWE) stellt keine unzulässige Einflussnahme dar – weder auf Einzelfälle noch auf inhaltliche Entscheidungen. Ein Ministerium unterliegt parlamentarischer Kontrolle, die APAS dagegen bislang keiner fachlichen Rechenschaftspflicht. 

Auch europarechtlich steht einer solchen Fachaufsicht nichts entgegen. Die EU-Grundsätze zur Unabhängigkeit schließen eine demokratisch legitimierte Fachaufsicht nicht aus: Im Gegenteil – der EuGH hat klargestellt, dass EU-Richtlinien nicht dazu führen dürfen, dass sich nationale Behörden jeglicher Kontrolle entziehen. 

Die APAS bleibt auch bei Einführung einer Fachaufsicht eigenständig und operativ handlungsfähig. Die Sorge vor ministerialer Einflussnahme ist theoretischer Natur – und im Übrigen bei jeder anderen Bundesbehörde ebenso denkbar.

Zwischenfazit:

Die Fachaufsicht durch das BMWE bedeutet keine Gefährdung der Unabhängigkeit, sondern stellt die demokratische Rückbindung einer mächtigen Behörde sicher. Dass der Gesetzgeber nach dem Wirecard-Skandal – trotz der offenkundigen Missachtung von Art. 26 EU-VO – bis heute untätig geblieben ist, unterstreicht die Dringlichkeit eines strukturellen Umdenkens. 

Nur eine unabhängige Fachaufsicht kann künftig eine wirksame Kontrolle der APAS gewährleisten. 

 

3. Zeit ist überreif für die Fachaufsicht über die APAS

Die fehlende Fachaufsicht über die APAS ist nach Pro. Kluth´s Gutachten mit dem Demokratieprinzip nach Art. 20 GG nicht vereinbar. Staatliches Handeln, insbesondere im Bereich hoheitlicher Aufsicht und Regulierung, bedarf einer parlamentarisch rückgebundenen Kontrolle. Dies gilt erst recht für eine Institution wie die APAS, deren Entscheidungen tief in Grundrechte, Märkte und Berufsstrukturen eingreifen.

Das von wp-net in Auftrag gegebene Rechtsgutachten von Prof. Dr. Kluth kommt zu einem klaren Ergebnis: Der Verzicht auf die ministerielle Fachaufsicht ist verfassungsrechtlich nicht tragfähig.

Die im Gesetzgebungsverfahren 2015/2016 vorgebrachten Argumente hat Prof. Kluth als „Scheingründe“ eingeordnet. Die sogenannte Letztverantwortung der APAS bleibt auch bei Einrichtung einer Fachaufsicht erhalten. Denn Art. 32 Abs. 4 der EU-Verordnung 537/2014 fordert lediglich eine funktionale Unabhängigkeit – nicht die vollständige Loslösung von jeder staatlichen Steuerung. 

Der häufig gezogene Vergleich mit Institutionen wie der Deutschen Bundesbank oder dem EuGH greift nicht: Die APAS ist keine mit wissenschaftlicher oder geldpolitischer Autonomie ausgestattete Sonderbehörde. Sie übt klassische Rechts- und Aufsichtsfunktionen aus – und unterliegt damit regulär der demokratischen Legitimation und Kontrolle.

Fazit und Forderung von wp-net: 

Der Verzicht auf eine Fachaufsicht über die APAS ist nicht länger haltbar. Es ist Zeit für eine verfassungsgemäße, demokratisch rückgebundene Struktur – durch Einführung einer ministeriellen Fachaufsicht.

 

Ich grüße Sie herzlich
Ihr
WP/StB Michael Gschrei
und das Team von wp-net


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Bildnachweis: Stock-Illustration: Roman Sigaev/Shutterstock

 

Michael Gschrei
Author: Michael Gschrei

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