Deutschland genießt den wenig schmeichelhaften Ruf, ein Geldwäscheparadies zu sein. Das ZDF vermutet, dass jährlich 100 Mrd. EUR schmutziges Geld in Deutschland gewaschen werden. Der FIU wird vom Bundesrechnungshof vorgehalten, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag nicht gerecht wird.
Zusammenfasst lässt sich feststellen, dass kriminelle Geldwäscher in Deutschland ein leichtes Spiel haben.
„Verspätete Meldung“ ist die Verniedlichung eines Geldwäsche-Gesetzesverstoßes
Bei der Meldung und Aufdeckung von Geldwäsche-Strafdaten sind auch die Steuerberater und die Wirtschaftsprüfer mit an Bord. Es erstaunt erstmal, dass die von PWC seit Jahren geprüfte Smartphone-Bank N26 von der BaFin mit einer Million schweren Bußgeldbescheid bestraft wird. Der Grund: 2019 und 2020 wurden von N26 viele Verdachtsmeldungen zu spät abgegeben. Die Umschreibung mit „zu spät“ klingt eher nach Bagatellisierung. Faktisch sind verspätet gemeldete Verdachtsmeldungen Beihilfen zur oder Mitwirkung zum Gelingen der Geldwäsche. Denn die rechtzeitige Abgabe der Verdachts-meldungen dient doch dazu, möglicherweise illegalen Geldtransfer – ohne amtliche Freigabe – erstmal mindestens drei Tage lang zu stoppen und auf die Freigabe der FIU zu warten.
Worüber der Fachmann eher verwundert ist doch, dass der Abschlussprüfer diese „Beihilfe“ zur Geldwäsche nicht unterbunden hat. Die umfangreichen GwG-Prüfungshandlungen und seine anschließende umfangreiche Berichterstattung an die BaFin sollten doch dazu beitragen, solche Unterlassungen zu unterbinden. Die Geldwäscheprüfung ist gerade bei den Banken ein umfangreiches und sensibles Prüfungs- und Berichtsthema.
Monsterpaket Geldwäschegesetz
Das Thema Geldwäsche sollte auch in der WP/StB-Praxis inzwischen ein großes Thema sein. Das monatliche wp-net-Online-MitgliederMeeting am 30. September hat dem Rechnung getragen.
Fest 60 Teilnehmer hörten sich erst mal den Vortrag zur Umsetzung der Geldwäschegesetze in den WP/StB-Praxen an. Ausführungen von Michael Gschrei und vor allem von Tobias Lahl zeigten, welch umfangreiche Arbeiten die WP/StB-Praxen inzwischen zu erledigen und zu dokumentieren haben.
Die Gesetzgebung und die Auslegungshilfen werden den Anforderungen der Praxis noch nicht gerecht. Dies machten die Reaktionen und Beiträge der betroffenen Praxen sehr deutlich. Es verwundert nicht, wenn Geschäftsmodelle mit digitaler Unterstützung der Praxen bei der Geldwäsche immer mehr auf den Markt drängen.
Wie erledige ich die Identifikation bei den viele Jahre alten Mandaten, bis hin zur Frage: Wie geht die Registrierung beim Transparenzregister oder bei der FIU?
Schlimm ist der Bürokratismus auch bei der Risikoanalyse. Allein drei unterschiedliche Listen von Hochrisikoländern (Liste Deutschland, Liste der EU-Kommission und Liste der FATF Financial Action Task Force) sind laufend in das GwG-Handbuch einzupflegen. Wenn dies nicht eher zum Verdruss führt?
In der Diskussion setzte sich bei den Mitgliedern der Vorschlag durch, mittels eines Online-Seminars, die Themen der GwG-Umsetzung in „kleinen Portionen“ umzusetzen. Ein 3- oder 4-teiliges Online-Seminar von jeweils 2 Stunden soll sich nicht nur der GwG-Theorie widmen, sondern soll auch gut strukturiert die Anwendung und Umsetzung der einzelnen Maßnahmen des GwG-Gesetzes erläutern. Bspw. die Frage: Wie registriert man seine Praxis im Transparenzregister oder bei der FIU? Dazu werden wir Sie auf dem Laufenden halten.
EY bekommt die Folgen der „verkorksten“ 10-jährigen Wirecard-Prüfung nun auch intern zu spüren
Erst kürzlich gelang EY mit Unterstützung des BGH ein kleiner Befreiungsschlag: Der Wambachbericht zu den EY-Prüfungsmängeln bei Wirecard bleibt weiter weggesperrt. Nun scheint es intern unruhig zu werden. Die Presse (Finance Magazin) berichtet, dass bei EY eine Fluchtbewegung bei den Mitarbeitern der Forensic-Abteilung eingesetzt hat.
Wir erinnern uns: Schon im Sommer wurde berichtet, dass der damalige Forensik-Partner und Wirecard-Forensic-Prüfer Muth in Richtung PWC ziehen möchte. Nun folgt weiterer personeller Aderlass. Der bisherige Forensik-Chef Heissner und weitere 80 seiner Kollegen sollen Herrn Muth zu PwC folgen. The Pioneer berichtet darüber und addiert die Mitglieder der EY-Wechsler inzwischen auf rund 100 Personen. Als Grund wird genannt: Den Aufklärungswillen in eigener Sache traut man seinem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr zu.
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