„IDW EPS-KMUs noch nicht prüfungsreif“
KMU-PS - Was taugt der neue IDW-Entwurf?
Datum: 11.03.2022

Interview mit WP StB RA Holger Friebel, Inhaber der Wirtschaftskanzlei Friebel in Schrobenhausen, ist seit 2016 Mitglied im Arbeitskreis Rechnungslegung & Prüfung bei wp-net. Im AK ISA-Prüfung hat er an der Einführung der ISA-Prüfung in Deutschland mitgewirkt.

Herr Friebel wurde 2018 auf der WP-Gschrei-Liste in den Beirat der Wirtschaftsprüferkammer gewählt. Klar, dass er auch eines unserer Mitglieder im Ausschuss Rechnungslegung & Prüfung in der WPK wurde.

Seine Verwunderung über die Aktivitäten des IDW mit den EPS-KMUs war so groß, dass er auf unsere Fragen auch Antworten parat hatte. Diese wollen wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Ist die rechtssichere Anwendung des IDW EPS-KMU gewährleistet?

Nachdem sich der Berufsstand nach rund 20 Jahren mit den IDW PS bzw. ISA-DE angefreundet hatte, bzw. andere Kollegen auf die skalierte ISA-Prüfung umgestiegen sind, steigt das IDW mit acht EPS-KMU – mit anscheinend einfacheren Prüfungsvorgehen –  in den Prüferring. Das vom IDW genannte Motiv: Die Verhältnismäßigkeit sei durch die neuen ISAs bei wenig komplexen Unternehmen, nicht mehr gewährleistet. Überzeugt Sie dieses Argument, Herr Friebel?

Holger Friebel: Das IDW-Argument könnte überzeugen, wenn offensichtlich wäre, was ein Unternehmen mit niedrigerer Komplexität ist. Komplexität ist nicht definiert. Die KMU machen es zum Teil anhand objektivierter Größen fest. Die Größeneinteilung nach § 267 HGB, die Kapitalmarktorientierung oder das verwendete IT-System spielen eine Rolle. Aber eben auch komplexe Sachverhalte oder Umstände im Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell. Diese Beurteilung ist nicht objektivierbar. Vielleicht mögen die Ränder feststellbar sein, die Grenze dazwischen ist es sicher nicht. 

Die Herausforderung für den Abschlussprüfer wird sein, dass er bei der Feststellung, ob die KMU angewendet werden können, ein gewissenhafter Prüfer erst alles das prüfen muss, was ihm der Standard eigentlich ersparen will. 

 

Hinreichende Sicherheit für den Prüfer bei Verwendung der IDW EPS-KMUs. 

Das IDW behauptet, dass der EPS-KMU-Prüfungsansatz auch zu hinreichender Prüfungssicherheit führen würde. Was aber wenn der Prüfer f. Qualitätskontrolle oder die Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK) das prüferische Ermessen anders beurteilt? Wer legt die Kriterien für eine unerlaubte Abweichung fest? 

Holger Friebel: Diese Kriterien sind nicht alle objektiviert. Abschlussprüfer und Qualitätskontrollprüfer können daher durchaus anderer Meinung sein. Das Risiko einer abweichenden Beurteilung durch den Qualitätskontrollprüfer, die KfQK oder der Berufsaufsicht trägt der Abschlussprüfer. Auch berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen können, seit dem Wegfall der Firewall, nicht ausgeschlossen werden.

Welche Konfliktpotenziale für den Anwender sehen Sie?

Holger Friebel: Zuerst muss die Feststellung getroffen werden, ob der EPS-KMU überhaupt angewendet werden kann. Die nächste Frage ist, was zu tun ist, wenn sich während der Prüfung die Nichtanwendbarkeit ergibt, also doch komplexe Sachverhalte auftreten. Von vorne anfangen?  Und nicht zuletzt sollte im Vorfeld immer mit dem Konzernprüfer abgeklärt werden, ob er der Anwendung der EPS-KMU zustimmt.

Wird es durch den IDW EPS-KMU Dokumentationserleichterungen für kleine Praxen geben, wie dies § 51 Abs. 2 Berufssatzung vorsieht?

Holger Friebel: Gemäß den Dokumentationsanforderungen hat der Abschlussprüfer Art, zeitliche Einteilung und Umfang der Prüfungshandlungen festzuhalten. Hier sehen die EPS-KMU keine Erleichterungen vor.

IDW EPS-KMU ohne Bezug zur WP/vBP-Berufssatzung?

Nur im EPS-KMU-PS 7 wird einmal auf die Berufssatzung verwiesen: „Auch bei freiwilligen Abschlussprüfungen darf gemäß § 19 Berufssatzung WP/vBP das Berufssiegel geführt werden.“ 

Es spricht einiges dafür, dass die EPS-KMU die Regel des 4. Abschnitts der Berufssatzung (Berufspflichten zur Qualitätssicherung bei Abschlussprüfungen nach § 316 HGB) nicht kennen. Da es dem IDW ganz besonders um die Skalierung geht, wundert man sich, warum der § 51 Abs. 2 der WP/vBP-Berufsatzung nicht referenziert wurde. Nach den Dokumentationsanforderungen bei weniger komplexen Abschlussprüfungen reicht nach dem § 51 Abs. 2 S.1 der Berufssatzung die geordnete Ablage der Prüfungsnachweise aus (Nachweis der Einhaltung der Berufspflichten). Wie sehen Sie gerade als Jurist den Mangel an Fußnoten zur Berufssatzung? Musste das IDW die WP/vBP-Berufssatzung bei ihren PS-KMU nicht beachten?

Holger Friebel: Bei wörtlicher Auslegung der EPS-KMUs hat das IDW die WP/vBP-Berufssatzung nicht ausreichend beachtet. Es ist nicht das erste Mal, dass das IDW die Berufssatzung nicht referenziert. In ISA (DE) 315 (Revised 2019) findet sich auch kein Bezug zur Berufssatzung und den dort vorgesehenen Möglichkeiten zur Skalierung. 

Im ISA (DE) und in den IDW-EPS-KMU wäre aber ein solcher Bezug geradezu notwendig gewesen, um den in der Berufssatzung verankerten, deutschen Gegebenheiten gerecht zu werden. Zwar kann nicht unterstellt werden, dass die Regelungen des IDW-EPS-KMU im direkten Widerspruch zur Berufssatzung stehen, aber es fehlt in den IDW-EPS-KMU die Umsetzung der in der Berufssatzung enthaltenen Möglichkeiten zur Skalierung. Und diese Möglichkeiten sind gerade das Bedeutende für einen Standard für die Prüfung kleinerer, wenig komplexer Unternehmen. Hier wird das IDW nachbessern müssen, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Gerade die belegte Übereinstimmung der EPS-KMU mit der WP/vBP-Berufssatzung würde die Akzeptanz beim Abschlussprüfer verstärken. 

Gegenwärtig kann die Anwendung der IDW-EPS-KMU aber nicht empfohlen werden. Dies gilt umso mehr, als im Berufsstand die Stimmen immer lauter werden, die sich gegen eine Anwendbarkeit der IDW-EPS-KMU bei gesetzlichen Abschlussprüfungen aussprechen.

 

 

Vielen Dank für das Interview Herr Freibel.

Bevor Sie eine Eingabe ans IDW in die Tat umsetzen, warten Sie bitte den 2. Teil des Interviews in der 11. KW 2022 ab.

Hier finden Sie das Interview als pdf.

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Author: wp-net Team

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