Das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers hat inzwischen verschiedene Facetten. Am stärksten hat die Big4-Professional Service Firm (PSF) die Wirtschaftsprüfung in den letzten Jahrzehnten geprägt.
Standardgeprägte oder Berufspflichtenorientierte Wirtschaftsprüfung
Die großen und insbesondere die Big4-Häuser bevorzugen die PSF und damit nach unserer Überzeugung das checklistenbasierte Hakenmachen. Gleichzeitig sollen die Tätigkeitsfelder durch die vom IDW laufend geforderte Fortentwicklung des Berufsbildes, die WP-Gesellschaften für Nicht-WPs „aufgebohrt“ werden. So sind bei der Deloitte in der Geschäftsleitung von 7 Personen nur noch 4 Wirtschaftsprüfer. Weiter soll die Gesellschafterstruktur für Nicht-WPs geöffnet werden. Und der Syndikus-WP kommt immer näher auf das WP-Spielfeld, welches dann noch weniger als „öffentliches Amt“ zu erkennen sein wird. Nach Einschaltung der kritischen Grundhaltung und einer wp-net-Mitgliederbefragung sind fast 90 % gegen den Syndikus-WP.
Die Freiberuflichen in der mittelständischen Wirtschaftsprüfung und die Einzelpraxen werden durch die prinzipienorientierte Anwendung der Berufspflichten geprägt.
Mit einem doch sehr fremden Berufsbild des Wirtschaftsprüfers konfrontiert uns der bayerische Ableger des Deutschen Steuerberaterverbandes in seiner Imagebroschüre „dabei sein“.
Unter B wie Berufsbild sind – gleichauf mit den Steuerberatern (!) „die Wirtschaftsprüfer Lebenshelfer. Sie gehen mit ihren Mandanten durch dick und dünn.“
Unter Google findet man zu dieser Redewendung „durch dick und dünn“ folgende Erläuterung: Diese Redewendung bedeutet „durch dicht und dünn bewaldetes Gelände zu gehen. Denn darin zeigte sich früher der wahre Freund: Nur, wer dazu bereit war, einen anderen durch unwegsames Gelände voller Bäume und dichter Sträucher zu begleiten, der war ein wahrer Freund – denn in den Büschen und Wäldern warteten die gefährlichen Strauchdiebe.“
Der DStV und sein regionaler Ableger LSWB-Bayern sind 2022 wieder Partner der IDW-Liste bei den Beiratswahlen, diesmal unter dem Namen WP-Dörschell-Liste. Herr WP Dörschell täte gut daran, seinen DStV-LSWB. Bayern-WP-Kandidaten die Berufspflichten zu erklären. Voraussetzung, dass ein WP überhaupt tätig werden darf, ist vor der Bestellung die Ablegung des Berufseids. Dabei schwört der angehende WP die Einhaltung der Berufspflichten, wie Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit oder Verschwiegenheit. Ein Teil der Unabhängigkeit, die kritische Grundhaltung über die gesamte Prüfungszeit, kam 2016 gesondert ins Gesetz und wurde 2021 nach dem Wirecard-Desaster nachjustiert. Wir hoffen doch sehr, dass die Wirtschaftsprüfer des DStV und ihre regionalen Ableger dieses, also unser Berufsbild in ihrer täglichen Arbeit anwenden und Wirtschaftsprüfer mit Kenntnissen der WP-Berufspflichten die Imagebroschüren des DStV nach ähnlichen Schnitzern wie „durch dick und dünn“ absuchen und entfernen.
Der frühere Präsident des DStV, Herr WP Harald Elster, machte sich nach unserer Lesart mit seiner Stellungnahme in der BT-Anhörung zum APAReG am 2.11.2015 für eine Verschärfung der Qualitätskontrolle stark („Wir sind aber der Ansicht, dass Abschlussprüfungen einem besonderen Qualitätsanspruch genügen müssen und diese zusätzlichen Anforderungen daher überwiegend gerechtfertigt sind“). Ich könnte Herrn Elsters Wunsch nachvollziehen, wenn er damit vielleicht die WPs/vBPs mit dem DStV-LSWB-Etikett „mit den Mandanten durch dick und dünn gehen“ meinte. Ansonsten war seine Forderung ein Tiefschlag gegen die mittelständische Wirtschaftsprüfung und Einzelpraxen. Solche Meinungsäußerungen waren und sind Öl ins Feuer jener Kreise, die eine Verhältnismäßigkeit der Qualitätskontrolle für den Mittelstand und die Einzelpraxen bislang verhindern wollen.
Was können wir daraus lernen? Berichtskritik täte auch Imagebroschüren gut. Auch der Chef sollte sich nicht zu schade sein, diese zu machen.
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