Neue Wege zur Verhältnismäßigkeit in der Qualitätskontrolle …
Beitragsbild text und Podcast wp.net Newsletter Qualitätskontrolle vs. Verhältnismäßigkeit von Dipl. Kf. WP/StB. Michael Gschrei
Datum: 17.04.2023

Bekanntlich wird selten so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. Vor den Beiratswahlen 2022 sagten IDW-Listen-Vertreter der weiteren Regulierung der Qualitätskontrolle den massiven Kampf an. Damit sind wir wieder beim WPK-Präsidenten Dörschell und seiner IDW-Beiratsliste angelangt. 

Lassen Sie uns nochmal in die Geschichte der Qualitätskontrolle der letzten Jahre ansehen:

1. Die Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK) tanzt nach ihren eigenen Regeln.

Der dt. Gesetzgeber hat die EU-Richtlinie nicht umgesetzt, weil er im § 57a Abs. 5b WPO die EU-Zielvorgabe nicht wirksam im Außenverhältnis konkretisiert hat. Es fehlen im Gesetz Regelungen, die konkret vorgeben, in welchen Bereichen und mit welcher Reichweite die Kontrollintensität vermindert werden kann. 

Mit den Vertretern von wp-net im WPK-Vorstand kam ab 2018 Bewegung in die Verhältnismäßigkeitsdiskussion. Im Dez. 2019 wurde die geänderte Satzung für Qualitätskontrolle (SfQK) vom Beirat beschlossen. Nach Prof. Hansrudi Lenz hat die SfQK 2019 einige Skalierungshinweise, aber die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. „Die externe Qualitätskontrolle durch den Prüfer für Qualitätskontrolle wird deutlicher in Richtung eines risikoorientierten und schwerpunktmäßigen Qualitätskontrollansatzes entwickelt“, (WP Praxis 2020, Nr. 2, S. 11ff). Doch die Freude dauerte nicht lange. Die KfQK interessierte sich wohl wenig für die Inhalte der Satzung 2019, wenn man Ihre Hinweise aus 2020 zum Vergleich dazu heranzieht. Bereits im WPK-Magazin 3/2018 stellte sie schon Ihre Regulierungsprogramme ohne Augenmaß vor, die heute noch gelten. Die Hinweise der KfQK aus 2020 oder 2022 blieben dieser Linie treu. Auch die Forderungen des alten WPK-Vorstands aus Juli 2022 schob sie beiseite. Tanzt die KfQK nach ihren eigenen Regeln?

2. Was wurde aus den Skalierungsmöglichkeiten in der SfQK?

Zugunsten der großen Gesellschaften wurden Skalierungsmöglichkeiten geschaffen, wie die Promille-Auftragsprüfungen oder der Ersatz der Auftragsprüfungen durch die interne Nachschau. Auf meine Kritik hin, wegen der Bevorzugung der großen Praxen, antwortete mir im März 2021 die BMWI-Referatsleitung: „Dies ergibt sich aus der Natur der Sache“. Kein Wort dazu, dass es die von der KfQK erstellten „Spielregeln“ sind, die die Big4&Friends bevorzugen. 

Die kleinen Praxen bekamen u.a. die Stabilitätsprüfung ohne Rechtsgrundlage von der KfQK aufgebürdet.  Als wp-net arbeiten wir weiter daran, die offensichtliche Bevorteilung der Big4 einzuschränken.

Als wp-net arbeiten wir weiter daran, die offensichtliche Bevorteilung der Big4 einzuschränken.

3. Die Hinweise der KfQK schaffen Rechtsunsicherheit für die Beteiligten.

Aus den unkonkreten Hinweisen können Prüfer für Qualitätskontrolle und Praxen die Folgen nicht sicher abschätzen. Droht etwa der Praxis nach der Qualitätskontrolle eine Sonderprüfung? Erst mit der Auswertung des QK-Berichts schafft die KfQK Klarheit. Diese Klarheit kommt jedoch nach dem Bestimmtheitsgebot zu spät!

4. Das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes wird nicht beachtet.

Das Bestimmtheitsgebot will sicherstellen, dass hoheitliche Eingriffe (z.B. Sonderprüfung) für die Betroffenen vorhersehbar sind. Die Einschränkung der Berufsfreiheit kann nur durch Gesetz erfolgen. Inhalt, Zweck und Ausmaß des Eingriffs legt das Gesetz fest (Art. 80 Abs. 1 GG). In der Qualitätskontrolle entscheidet maßgeblich die Exekutive, also die KfQK. Ihre Hinweise sind heute noch in Bezug auf die Big4-Qualitätskontrollen sehr unkonkret. Dies ermöglicht Big4&Friends Gestaltungsmöglichkeiten.

Beispiel: Die Vertreter von wp-net halten die Auslegung der SfQK durch die KfQK und Rechtsaufsicht in Bezug auf die Überprüfung der verantwortlichen WPs für nicht zulässig: Es müssten alle verantwortlichen Wirtschaftsprüfer mindestens mit einer Auftragsprüfung einbezogen werden.

Mit diesen sog. „vertretbaren Auslegungen“ erfüllt weder die Kammer (KfQK) noch die Rechtsaufsicht den gesetzlichen Auftrag, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren und die Erfüllung der beruflichen Pflichten zu überwachen (§ 57 Abs. 1 WPO). Solche „Vertretbaren Lösungen“ sind verschleierte Gesetzesumgehungen, wie sie immer wieder von einem Teil der Juristen gepflegt werden (siehe Stolleis, SZ am Wochenende v. 25./26.3. 2000, Nr. 71). Die wahre Rechtslage in Deutschland ist daher anders, als sie im Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dargestellt wird. Ausführliche Informationen zum Bestimmtheitsgrundsatz von Ernst Büchele.

5. Herr Dörschell vor der Wahl: „Keine Verschärfung“. Nach der Wahl: Verhältnismäßigkeit für die kleinen Praxen wird auf Eis gelegt.

Pünktlich zum Start der WPK-Beiratswahlen 2022 versprach Andreas Dörschell im Brief an die Wähler*innen: „Wir wenden uns gegen jede weitere Verschärfung der Regulierung …“

Nach der Wahl zeigte Andreas Dörschell seine wahre Absicht: „Die bisherige gemeinsame Arbeit in diesem Punkt erachten wir als erfolgreich, sehen deshalb keinen weiteren Bedarf. Wir sehen das Thema (verhältnismäßige Qualitätskontrolle und damit die Umsetzung unserer Vorstandsforderungen vom Juli 2022, Anm. M. Gschrei) als abgeschlossen an.“

Für uns als Interessenvertretung der kleinen und mittleren Wirtschaftsprüfer-Praxen gilt für die weitere Zukunft:

Wir geben unsere Bemühungen nicht auf.

Unser kurzer erfolgreicher Einsatz für die Verhältnismäßigkeit des Qualitätskontrollverfahrens war demnach leider nur so zielführend, wie 10 Jahre Kreisverkehr. Gute Ansätze in der SfQK 2019 wurden von der KfQK in ihre Hinweise 2020, 2021 und 2022 nicht übernommen. 

Das Ergebnis nach 10 Jahren Qualitätskontrolle: Von 2012 bis heute hat rund ein Drittel der Abschlussprüfer aufgegeben. 

Vom WDR wissen wir: IDW und die Big4 haben nicht nur bei der EU-Gesetzgebung 2011-2014, sondern auch über den deutschen Gesetzgeber bei der APAReG-Gesetzgebung (2014/2015) massiv bei der Big4-Regulierung eingegriffen. Der WDR berichtete darüber in der Sendung „Unheimliche Macht der Berater„. Für uns ein Beleg für die Erkenntnis: Wer die Spielregeln aufstellt, gewinnt das Spiel. Dies ist wohl auch der Sinn von Spielregeln.

Wer immer die alten Wege geht, wird bleiben, was er ist. Lassen Sie uns gemeinsam neue Wege in der Verhältnismäßigkeit der Qualitätskontrolle gehen.


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Bildnachweis: Billion Photos/Shutterstock

Michael Gschrei
Author: Michael Gschrei

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