Als einer der größten Entwickler von Gewerbeimmobilien könnte Adler bei einem Zusammenbruch einen Flächenbrand entfachen, droht Martin Murphy vom Handelsblatt.
FT berichtet, dass die Forensiker umfangreiche Beweise fanden, dass der umstrittene österreichische Immobilienmogul Cevdet Caner – obwohl ohne formale Funktion im Unternehmen
- maßgeblich an strategischen Entscheidungen,
- der Einstellung von Führungskräften und deren Vergütung
- sowie an anderen betrieblichen Angelegenheiten
beteiligt war.
Grund des Testatsversagens der KPMG Luxemburg ist laut FT:
„KPMG wies darauf hin, dass sie nicht in der Lage sei, zu beurteilen, „ob die buchhalterische Behandlung zumindest einiger dieser Transaktionen angemessen und mit deren Inhalt vereinbar ist“. KPMG warnte auch, dass sie nicht beurteilen könne, „ob die Einschätzung des Managements bezüglich der Bewertung bestimmter Kontoguthaben angemessen ist“. Gegen die Feststellungen zum vielfachen Baustopp und nicht prüffähiger Dokumentation der Ist-Kosten wehrte sich Adler Chef Kirsten: Er betonte die Fehlbeurteilungen der Prüfer aufgrund fehlender Expertise und riet KPMG, „Schuster bleibt bei deinen Leisten““.
Die KPMG-Feststellungen (Prüfungsnachweise nicht vorhanden) hätte man wohl auch bei einer normalen Abschlussprüfung treffen können. Adler ist aber keiner normaler Fall.
Den Start in die Wahrheitssuche über die Unternehmenszahlen leitete letztes Jahr der britische Shortseller Fraser Perring ein. Sein Vorwurf las sich in der FAZ wie folgt: „Geschäfte zum Nachteil der Aktionäre eingefädelt, Immobilien falsch bewertet und Bilanzkennzahlen manipuliert“.
Die Verlustursache 2021 (1 Mrd. Abschreibung auf ein Immobilienentwicklungsgeschäft) in Zeiten boomender Immobilienpreise lässt möglicherweise noch Schlimmeres befürchten. Ob diese Abwertung schon das Ende der Fahnenstange ist, müssen die weiteren Untersuchungen zeigen.
Nun muss Adler mit den rund 500 Mio. EUR an Rest-Liquidität haushalten, weil sie von den Kapitalmärkten ausgeschlossen ist. Adler braucht für seine Gläubiger ein Testat!
Seit Okt. 2021 ist die forensische Abteilung der KPMG Berlin am Suchen und Nachforschen. Doch nach langem Suchen waren die Forensiker immer noch nicht in der Lage, den Vorwürfen auf den Grund zu gehen. KPMG hatte keinen Zugang zu 800.000 als relevant erachteten Dokumenten, da der Kunde „rechtliche Gründe“ anführte.
Entpuppt sich Adler als eine Wirecard Kopie?
„Der Fall des Unternehmens Adler folgt einem bekannten Drehbuch“, schreibt die SZ am Dienstag, „Prüfer und Behörden waren wieder zu lange ahnungslos, wieder musste erst ein Spekulant Druck machen“. Wirecardabfolge 2019/2020: Shortsellerattacke, Sonderprüfung KMPG, Verweigerung des Testats nach Sonderprüfung.
KPMG-Prüfer in der Kritik
SZ: „Über mehrere Jahre wies das Unternehmen Gewinne aus, die eigentlich nur auf der Annahme beruhten, dass die eigenen Immobilien immer wertvoller geworden seien. Die Prüfer zeichneten das lange ab. Im Hintergrund wurden Immobilien gekauft und verkauft, die Geschäfte aber oft nur lückenhaft dokumentiert. Die Prüfer widersprachen nicht. Es wurde Geld geliehen und verliehen, immer wieder tauchten dabei Namen und Firmen einer kleinen Truppe von eng verbandelten Geschäftsleuten und deren Entourage auf. Die Prüfer schwiegen dazu.“
Für uns als Wirtschaftsprüfer stellt sich wieder die Frage: Brauchen wir zur Abschlussprüfung im Prüfungsteam künftig zusätzlich nicht nur die Forensiker, sondern auch als Berater die Shortseller? Warum versagte offenbar der risikoorientierte IDW/ISA-Prüfungsansatz? Wo war in den Vorjahren die kritische Grundhaltung der Luxemburger Prüfer? Warum muss erst ein externer Shortseller eine Story liefern?
Wir teilen den Hinweis auf die Notwendigkeit der Teilnahme der Forensiker nicht. Auch bei Wirecard wurden die Forensiker in den Ring geholt. Derweil hat EY ganz einfach keine Bankbestätigungen eingeholt. Für uns hat das Problem der Nichtaufdeckung doloser Handlungen und verspäteter Abschreibungen viel mehr mit der Nicht-Anwendung und Nicht-Beachtung der Berufspflichten in Professional Service Firms (PSF) zu tun.
Dazu zitiere ich immer wieder gerne Dr. Jens Alt aus seiner Diss. Organisationswandel und Unabhängigkeit in PSF: „Die PSF sind fortwährend der Gefahr ausgesetzt, die Gewährleistung des öffentlichen Gutes (Anm. Gschrei: Bestätigungsvermerk) zugunsten der Profitmaximierung zu vernachlässigen“.
Wir warten auf weitere Hinweise, wie und von wem der Adler-Konzern mit einigen hundert Gesellschaften wirklich geprüft wurde. Hat KPMG-Deutschland als Netzwerkmitglied, als Berater oder als Prüfer bei Adler mitgewirkt? Das operative Geschäft der Adler Holding spielte sich nämlich in Berlin und nicht in Luxemburg ab. Wegen des Luxemburger Sitzes prüfte die KPMG Luxemburg. Wir erwarten weitere Informationen, um die Frage zu klären: Wer prüfte den Adlerkonzern wirklich? KPMG Luxemburg oder kam das Prüfungsteam von der deutschen KPMG aus Berlin?
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