Im Newsletter vom 02.11.2021 brachte ich meinen Unmut zum Ausdruck, dass die deutsche Presse anscheinend über die zehnjährige „Gut-Glaubensprüfung“ von EY das Gras des Vergessens wachsen lassen möchte. Man musste seit einem halben Jahr die englische FT abonniert haben, wenn man über die Aufarbeitung der EY-Wirecard-Prüfung etwas erfahren wollte.
Zur meiner großen Überraschung stellte das Handelsblatt am 12.11.21 den „geheimen“ Wambach-Bericht der Öffentlichkeit zum Download zur Verfügung. Wer keine Zeit für die fast 170 Seiten hat, sollte sich wenigstens mit der Zusammenfassung des Berichts von den investigativen Handelsblatt-Journalisten vertraut machen.
Am 14.11.2021 folgte eine Fortsetzung mit dem Artikel: „Wirecards Insolvenzverwalter bereitet Klage gegen EY vor.“ Michael Jaffe hat den Warth & Klein WP Martin Jonas beauftragt, Schadenersatzansprüche gegen EY zu prüfen.
Das HB zitiert WP Jonas: „Wenn Prüfer wussten, dass die Bilanz falsch war und sie trotzdem ein Testat erteilen, müssen sie unbegrenzt haften.“ Das gelte auch bei bedingtem Vorsatz, wenn „der Schaden also billigend in Kauf genommen wurde“.
Statt der Bitte des Insolvenzverwalters nach Unterstützung zu entsprechen, hat EY ein Software-Tool abgeschaltet, in das die Prüfer „zahlreiche Unterlagen eingespielt hatten.
Weitere Maßnahmen des Insolvenzverwalters sind Nichtigkeitsklagen gegen die Jahresabschlüsse 2017 und 2018, schreibt das HB.
Wir wünschen uns im Sinne einer positiven Fehlerkultur, dass der WP-Berufsstand viel aus dem Mängelbericht für künftige Prüfungen lernen kann. Wir werden den Wambach-Bericht im Sinne einer positiven Fehlerkultur auswerten und darüber berichten. Dies wird eine Fortsetzungsserie ergeben.
Wie man Bilanzbetrug aufdecken kann, wurde von mir im Juni 2020 im Aufsatz Warum Checklisten blind machen beschrieben.