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Die Zeit ist reif für Bürokratierückbau – Fairness auch für kleine Praxen
dargestellt am Beispiel der Qualitätskontrolle (QK)
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD einen „umfassenden Rückbau der Bürokratie“ versprochen, um den Staat wieder leistungsfähig zu machen. Die neue Bundesregierung hat dafür eigens ein Bundesdigitalministerium eingerichtet. Minister Dr. Karsten Wildberger kündigte im Handelsblatt vom 22. August 2025 an, in Sachen Bürokratierückbau „ein neues Kapitel aufzuschlagen und vieles anders und besser zu machen als in der Vergangenheit“. Bis zum 15. September sollen die Ministerien Einsparpotenziale von rund 16 Mrd. Euro aufzeigen.
Was die Bundesregierung plant, muss auch in der Wirtschaftsprüferkammer möglich sein: echter Bürokratierückbau.
wp-net wird deshalb an die Regierungsinitiative andocken. Wir wollen – angelehnt an den FAZ-Artikel von Meinrad Dreher vom 12. August 2025 „EU-Bürokratie entwurzeln“ – aufzeigen, wie in der kleinen WPK durch die WPK/APAS-Bürokratie der WP-Mittelstand und die Einzelpraxen aus ihrem Kerngeschäft, der Abschlussprüfung, gedrängt wurden und weiter werden. Seit dem Jahr 2010 haben sich über 40 % der WP/vBP-Praxen aus der gesetzlichen Abschlussprüfung zurückgezogen.
Gleichzeitig zeigten sich für Big4 & Friends in der Qualitätskontrolle immense Entlastungen.
Unser Kollege Mark Schüttler greift im Hauptteil die Begriffe von Meinrad Dreher – Anamnese, Diagnose und Therapie – auf und überträgt sie auf den Bürokratierückbau in der Qualitätskontrolle. Unsere konkreten Vorstellungen dazu werden wir bis zu den Beiratswahlen 2026 in Berlin in die Diskussion einbringen. Wir hoffen auf offene Ohren seitens der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Frau Katherina Reiche.
Ich wünsche den Lesern interessante fünf Leseminuten.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Jörg Rompf, WP
Kandidat bei den Beiratswahlen 2026

A. Die deutsche QK – mit Geburtsfehlern und falschen Versprechungen aufgebaut
Die QK wurde im Jahr 2000 auf Drängen von IDW und WPK und vorschnell eingeführt. Der damalige WPK-Beirat (noch ohne wp-net) ließ sich offenbar von der Erzählung überzeugen, dass die QK für den WP/vBP-Mittelstand eine bessere Qualitätseinstufung und damit höhere Honorare bringen würde. Der Traum vom höheren Honorar platzte schnell, stattdessen kam die Marktbereinigung.
Bis heute wurde weder in der WPO noch in der Satzung für QK die in § 57a Abs. 5b WPO geforderte Verhältnismäßigkeit für KMU-Praxen umgesetzt. Im Gegenteil: Die zuletzt 2019 geänderte Satzung für QK wurde von der KfQK genutzt, um ihre Hinweise auszuweiten – allerdings ohne belastbare Regelungen zur Verhältnismäßigkeit und mit den von der APAS vorgeschlagenen „fünf kritischen Erfolgsfaktoren“. Eine echte Skalierung der Anforderungen gibt es bis heute nicht.
Ein weiterer Schwachpunkt zeigt sich in der Praxis kleinerer Kanzleien: Viele KMU-Praxen nutzen zwar die Möglichkeiten zur Mängelbeseitigung im Rahmen der QK. Die KfQK verweist trotzdem in ihren jährlichen Tätigkeitsberichten regelmäßig auf „zahlreiche Angemessenheitsmängel“ der Abschlussprüfer hin (bis zu 30 %), selbst dann, wenn die Mängel im laufenden QK-Verfahren längst behoben wurden. Diese öffentlich betriebene „Nestbeschmutzung“ schwächt den KMU-Berufsstand und muss ein Ende haben.
B. Pathologischer Verlauf
Die Entwicklung des Bürokratierückbaus in der QK lässt sich – mit den Begriffen von Meinrad Dreher – als pathologischer Verlauf beschreiben: Sie beginnt mit der Anamnese, gefolgt von der Diagnose, und erst eine konsequente Therapie könnte endlich den dringend notwendigen Bürokratierückbau einleiten (FAZ 12. August 2025: EU-Bürokratie entwurzeln).
1. Anamnese in der Qualitätskontrolle
Die Anamnese fällt kurz aus: Regulierung und Bürokratie durch die KfQK und die APAS haben ein Übermaß erreicht. Beispiele folgen.
2. Diagnose der Qualitätskontrolle
Die WPK-Qualitätskontrolle zeigt ein krasses Missverhältnis:
- Big4 werden entlastet.
- KMU- und Einzelpraxen werden überreguliert.
Beispiele:
- 2016 wurde der QK-Zeitraum für die Big4 von drei auf sechs Jahre ausgeweitet – eine Big4-Entlastung um 50 %.
- Für Einzelpraxen gab es dagegen keine Entlastung.
- Die Auftragsprüfung bei der Qualitätskontrolle bei den großen Gesellschaften wird im Wesentlichen durch das Lesen und Auswerten der internen Nachschauberichte ersetzt.
Fazit: Es herrscht eine Zweiklassen-Qualitätskontrolle – Überregulierung im Mittelstand, Unterregulierung bei den Großen.
3. Therapie in der Qualitätskontrolle
Die Qualitätskontrolle für den Mittelstand braucht einen radikalen Bürokratierückbau. Fairness heißt:
- gleiche Maßstäbe für alle, aber nicht die gleichen Anforderungen sowie
- keine Privilegien für die Großen und Lasten für die Kleinen.
Das Ergebnis: Überregulierung im Mittelstand, Unterregulierung bei den großen Gesellschaften muss beendet werden.
Die Satzung für QK muss alle erforderlichen Regelungen eindeutig ausweisen. Die Bestimmungen dürfen nicht erst über die Auslegung der Satzung ermittelt werden.
Unsere Therapien zum Bürokratierückbau lauten:
- Skalierung statt Einheitsmaßstab.
- Risikoorientierung statt Bürokratiewucher.
- Demokratische Regeln statt heimlicher Rechtssetzung.
- Keine delegierte Rechtssetzung in der WP-Kammer.
- Der WPK-Beirat beschließt die Satzung für QK anstatt die KfQK mit ihren Hinweisen oder die APAS mit ihren fünf kritischen Erfolgsfaktoren! Kommission und APAS sind Exekutive, nicht Legislative.
- Wenn schon, denn schon: Auch bei Big4 muss jeder verantwortliche Prüfungspartner in die Auftragsprüfung einbezogen werden.
- Risikobasierte QK-Zeiträume: Einzelpraxen bis zu 10 Jahre, Big4 maximal 2 Jahre.
- Stärkung des Beirats: Schluss mit der De-Parlamentarisierung – die KfQK beendet ihre „heimliche Rechtsetzung“.
Ich grüße Sie herzlich
Ihr
Mark Schüttler, WP/StB
Mitglied des Beirats der WPK
Sprecher des ehrenamtlichen wp-net-Vorstands
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Bildnachweis: Stock-Illustration: Na_Studio/Shutterstock