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Letzte Woche wurde der Regierungsentwurf für die Umsetzung der CSRD-Richtlinie veröffentlicht. Leider konnten wir nicht erreichen, dass neben uns auch Experten aus dem technischen Bereich die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts durchführen dürfen. Eine Änderung ist jetzt nicht mehr zu erwarten.
Die mittelständische Wirtschaft bangt um die knappen Ressourcen, die nun in der Prüfung vorhanden sind. Nach den Gesetzen des Marktes wird sich der Preis für die Prüfung in Richtung des Cournotschen Punktes bewegen, also erheblich ansteigen und die Unternehmen über Gebühr belasten.
Die mittelständische Wirtschaft hat sich deswegen neben uns, der mittelständischen Wirtschaftsprüfung, von Beginn an für eine Öffnung der Prüfung eingesetzt. Freilich war unser Hauptaugenmerk mehr auf die Belastungswirkungen in den Praxen gerichtet. Lesen Sie eine Stellungnahme von unserem Dr. Wittsiepe, der die wesentlichen Folgen für unseren Berufsstand anspricht.
Ihr Holger Friebel
und das Team von wp-net

Stellungnahme zum Regierungsentwurf vom 24.07.2024 zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie
SPD-Grüne-FDP-Koalition entscheidet sich gegen Mittelstand
Nach dem Entwurf bleibt es, zumindest vorläufig, bei der Vorbehaltsaufgabe für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten. Angeblich gibt es keine, unserem Beruf vergleichbaren rechtlichen Anforderungen für die Zulassung unabhängiger Dienstleister in Deutschland. Angesichts des Hinweises der EU-Kommission, die Zulassung der Prüfer über die nationalen Akkreditierungsstellen zu organisieren, mutet das Vorgehen etwas merkwürdig an. Das BMJ wollte anscheinend ihren Referentenentwurf – trotz überwältigender gegenteiliger Stellungnahmen aus der Wirtschaft und Wissenschaft – nicht anpassen.
Regierung hat ihre Entscheidung wohl nicht zu Ende gedacht?
Ob das für unseren Berufsstand zum Vorteil oder zum Debakel wird, kann man spätestens Mitte 2026 erkennen, wenn der Inhalt der Nachhaltigkeitsberichte und der Prüfvermerke für das Jahr 2025 der NON-PIEs von zahlreichen NGOs und privatrechtlichen Organisationen, die in Sachen Klagen und Abmahnungen nicht zimperlich sind, näher betrachtet werden. Ein Vorgeschmack könnte bereits Mitte 2025 für die PIE-Unternehmen und deren Prüfer erfolgen. Die BIG4 sind da keinesfalls außen vor, eher im Gegenteil. Die Haftungsrisiken sind nicht zu unterschätzen, der Ausgang somit ungewiss.
Kleine Hilfe für den Bestands-WP
Bezüglich der Grandfather-Regelung können sich Wirtschaftsprüfer zunächst auch ohne Fortbildung als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte in das Berufsregister eintragen lassen. Die aufgeschobene Fortbildung von insgesamt 40 Stunden muss spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes nachgewiesen werden.
Was zunächst nach Erleichterung aussieht, ist im Grunde genommen Augenwischerei. Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts ist zeitgleich mit der Prüfung des Jahresabschlusses 2025 zu bewältigen, also Anfang 2026, und das bei geringem und überlasteten Fachpersonal. Eine Herausforderung für die mittelständische Wirtschaftsprüfung.
Wirtschaftliches Prüfungsvorgehen
Der Nachhaltigkeitsbericht eröffnet aufgrund seiner Konzeption allerdings die Möglichkeit, wesentliche Teile in einer Vorprüfung auf den Herbst 2025 vorzuziehen. Die Vorprüfung kann aber nur dann funktionieren, wenn die erforderlichen Fachkenntnisse schon vorhanden sind. Auch dieser Prozess muss im laufenden Geschäft geschultert werden. Dem WP bringt es also nichts, mit der Fortbildung zu warten. Dabei sollte man sich darüber im Klaren sein, dass auch die vorgeschriebenen 40 Zeitstunden für die CSRD-Fortbildung nur ein Einstieg sind.
Mandantenlösungen für die Aufstellung der Berichte
Verschärfen wird sich das Problem für die Prüferpraxen durch die bereits aktuell einsetzenden Anfragen der Mandanten nach Unterstützung bei der Erstaufstellung des Berichts.
Diese Anfragen treffen auf einen weitgehend unvorbereiteten WP-Berufsstand. Verständlicherweise will und sollte auch jeder Wirtschaftsprüfer seine eigenen Mandate in dieser Frage beraten und später auch prüfen können. Um den Prüferstatus aber nicht zu gefährden, wird man bei gewissen Themen einen Berater hinzuziehen müssen.
Man möchte auch das Risiko vermeiden, die CSRD-Mandate an die Konkurrenz zu verlieren. Also entsteht hier dringender Handlungsbedarf. Der Prüfer kann mit der Fortbildung nicht 18 Monate lang abwarten.
wp-net-Lösung mit dem Kooperationspartner TÜV SÜD
Um den Mandantenschutz auch umzusetzen, ist wp-net im Herbst 2023 die Kooperation mit dem TÜV SÜD eingegangen. Dies erweist sich heute für viele Kolleg:innen als Glücksfall. Denn damit können sowohl für die Ersterstellung, als auch für die spätere Prüfung entsprechende Experten zur Verfügung gestellt werden. Der TÜV SÜD mit ca. 26.000 Mitarbeitern, vielen Fachabteilungen und Vertretungen in mehr als 50 Ländern ist für die Aufgabe ideal aufgestellt.
Dies gibt den Prüferpraxen die Chance, bei Nicht-Prüfungsmandaten im Rahmen der Erstellung in die Themen hineinzuwachsen. Hier kann auch der Umstand genutzt werden, dass man die Geschäftsmodelle und Abläufe kennt.
Mandatsbezogene Risiken wegen fehlender Manpower
Es gilt unbedingt zu beachten, dass die Mandanten das Projekt Nachhaltigkeitsbericht im Wesentlichen mit dem bestehenden Personal umsetzen werden. Dieses Personal ist i.d.R. mehr oder weniger voll ausgelastet. Diese Konstellation ist zur Vermeidung von gravierenden Fehlern in die Prüfung einzuplanen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Prüfung in den ersten Jahren als Joint-Audit mit einem auf Nachhaltigkeitsberichte spezialisierten Wirtschaftsprüfer durchzuführen. Auch hierfür stellt wp-net Kontakte her.
wp-net, die tun was! Für den WP-Mittelstand und die Einzelpraxen
Es zeigt sich erneut, wie wertvoll die Arbeit von wp-net seit 19 Jahren für unseren Berufsstand war und immer noch ist: Eine wp-net-Mitgliedschaft lohnt sich immer für jeden WP und vBP.
Der weitere Verlauf der Umsetzung muss beobachtet werden. Wichtig ist es für die Nachhaltigkeitsberichtsprüfer, sich in einem ersten Schritt die notwendigen Fachkenntnisse anzueignen und dann den Ablauf einer Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts in die eigene Praxis zu integrieren.
Demnächst werden wp-net zusammen mit dem TÜV SÜD ihre CSRD-Fortbildung vorstellen.
Nachhaltigkeitsberichtsprüfung und Qualitätskontrolle:
Herausforderungen und Chancen für die mittelständische Wirtschaftsprüfung
Ein kleiner Vorteil bleibt: Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte wird auch Gegenstand der Qualitätskontrolle sein. Für die meisten Kollegen aber erst für Qualitätskontrollen ab 2027. Somit besteht noch ausreichend Zeit, die Umsetzung der Standards vorzunehmen. In diesem Zusammenhang nicht ganz auszuschließen sind „Kapriolen“ der Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK). Wir wollen nicht erleben, dass möglicherweise von der KfQK ein „Kessel Buntes“ als zusätzliche Vorschriften und Hinweise in die Welt gesetzt wird, die vor allem die mittelständische Wirtschaftsprüfung treffen. Auch hier wird wp-net als die einzige wirksame Vertretung der mittelständischen Wirtschaftsprüfung gefordert sein.
Ihr Richard Wittsiepe
und das Team von wp.net
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Bildnachweis: Uuganbayar/Shutterstock