Berufsbarrieren für den WP-Mittelstand
Beitragsbild wp.weekly 14.05.2025: "„WP-Mittelstand raus, Big Four & Friends rein? Das darf nicht sein!“ Big4 vs. WP-Mittelstand - von Mark Schüttler.
Kategorie: Aktuelles
Datum: 14.05.2025

Den Newsletter als Podcast anhören

Seit über zwei Jahrzehnten erleben wir immer wieder WP-Reformen, die systematisch die Großen schonen – und den Mittelstand belasten. Während die Big Four trotz Skandalen – wie bei den Prüfungen von Cum-Ex-Gesellschaften oder zuletzt Wirecard – praktisch unbekümmert weitermachen, werden kleine Praxen mit in die Big Four Sanktionen aufgenommen und bekommen dies bei Abschlussdurchsichten schon bei kleinsten Verfehlungen zu spüren.

Hat je eine BigFour-Gesellschaft bei Cum-Ex-JA-Prüfungen wegen fehlender Steuerrückstellungen (zum Beispiel wegen drohender Steuerrückzahlungen) ein Testat eingeschränkt oder versagt? Fehlanzeige.

Deshalb ist es richtig und wichtig, dass Mark Schüttler in seinem Weekly nicht nur nach vorn, sondern auch zurückblickt. Auf 25 Jahre Reformpolitik, die oft unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung einen stillen Strukturwandel zu Lasten unseres freien Berufs betrieben hat.

Wer verstehen will, wohin die Reise mit der Nachhaltigkeitsberichtsprüfung geht, muss wissen, woher wir kommen – und wer dabei die Weichen gestellt hat.

Auch wenn es unbequem ist: Der Berufsstand darf die Fehler der Vergangenheit nicht verdrängen. Denn ohne klare Sicht auf das Gestern ist kein selbstbestimmtes Morgen möglich. Und in einem Jahr sind schon wieder Beiratswahlen.

In diesem Sinne: Klare Worte, klare Perspektive – und ein deutliches Signal von Mark Schüttler.

Ihr Roland Haeck, WP/StB
Mitglied im Beirat der QPK

wp.weekly

 


 

Der aktuelle Vorschlag zur Sicherstellung der Nachhaltigkeitsberichtsprüfung (siehe unten) zugunsten der Big Four & Friends erinnert stark an den übereilten Reformansatz „Qualitätskontrolle 2000“. Die Folgen für den mittelständischen Berufsstand sind längst sichtbar – sie lassen sich Jahr für Jahr in den Tätigkeitsberichten der KfQK nachlesen: Der WP-Mittelstand verschwindet zunehmend aus der gesetzlichen Abschlussprüfung.

Deshalb benennen wir heute klar die Konsequenzen eines tiefgreifenden Umbaus des WP-Examens zugunsten eines neuen Nachhaltigkeitsprüferexamens:

 

 

Jahr 2000: Der Beginn der Verdrängung aus der Abschlussprüfung

Auf Druck von IDW und WPK wurde das US-Modell der Qualitätskontrolle (Peer Review) übernommen – wegen der Big Four und ihrer US-Mandate. Die USA selbst schaffte dieses Modell nach zwei Jahren wieder ab. Deutschland hingegen führte es konsequent ein und fort – ohne die versprochenen neuen Aufträge für die kleinen Praxen, aber mit wachsender Bürokratie und hohen Aufsichtskosten.

Statt Unterstützung hieß es für den PfQK: „Scharf prüfen!“ – mit dem Ergebnis, dass selbst behebbare Mängel (Angemessenheitsmängel) jährlich öffentlich gemacht wurden. Wer die QK nicht bestand, wird seit 2016 kurzerhand von der Liste der Abschlussprüfer gestrichen.

 

2005: Auftritt wp-net e.V.

Michael Gschrei zog Konsequenzen – und gründete mit Kollegen zusammen den wp-net e.V., ein Lichtblick für die mittelständische Berufspolitik?

 

2007: PIE-Marktbereinigung

Obwohl die EU sich noch zurückhielt, führte Deutschland Sonderuntersuchungen für PIE-Prüfer ein – durchgeführt von Wirtschaftsprüfern der Big Four, die später oft wieder in ihre alten Firmen zurückkehrten.

 

2016: Wahlrechte für Big Four – Kontrolle für den Mittelstand

Die Umsetzung der EU-Reform 2014 wurde zur Big4-Schutzzone. Während die Verordnung für die Pie´s mit zahlreichen Wahlrechten ausgestattet wurde, nutzte Deutschland die Spielräume der Richtline nicht im Sinne des Mittelstands. Die Reform war inhaltsleer – und wohl ein Mitgrund für den Wirecard-Skandal.

Das Handelsblatt brachte es auf den Punkt: „Barnier, als Löwe gestartet, als Bettvorleger gelandet.“

Das Ergebnis: Heute dürften nur noch rund 24 % der WP-Praxen gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen – vor dem Jahr 2000 waren es noch alle Wirtschaftsprüfer.

 

 

2025: Nachhaltigkeitsprüfung als strategisches Instrument – ohne Mittelstand?

Zwei Barrieren für den WP-Mittelstand – strategische Nachteile durch neues WP-Berufsbild

 
1. Barriere: Keine Mandate – keine Ausbildung

IDW und WPK fordern: Nachhaltigkeitspflicht im WP-Examen mit achtmonatigem Praxisnachweis.

Doch: Wer keine Nachhaltigkeitsberichte prüft, kann auch keine Praxis nachweisen.

Folge: Der Mittelstand verliert im Wettbewerb um Nachwuchs. Die Großen sichern sich die besten Talente.

 
2. Barriere: Steuerrecht raus, Nachhaltigkeit rein

Die Berufspolitik denkt laut über den Wegfall der Steuerrechtsklausuren im WP-Examen nach – „zu komplex“. Wer Steuern machen wolle, solle das StB-Examen ablegen.

Das mag für die Big Four funktionieren, weil dort eine klare Rollenteilung herrscht.

Aber im Mittelstand? Dort sind Generalisten gefragt – viele haben längst das StB-Examen.

Folge: Mehr Prüfungsstoff, kein Ausgleich.

Cui bono? Wer profitiert?

Big Four & Friends – sie verfügen über die Ressourcen, neue Anforderungen problemlos zu erfüllen.

Diese Reform ist keine Qualitätssicherung, sondern Marktbereinigung durch Regulierung.

 

Noch ist Zeit. Noch lassen sich Weichen neu stellen.

Der Mittelstand muss aufhören, sich selbst zu spalten und Programme zu unterstützen, die nicht in seinem Interesse liegen.

Nur gemeinsam können wir die unabhängige, mittelständische Wirtschaftsprüfung erhalten.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr Mark Schüttler, WP/StB
Mitglied im WPK-Beirat
und das Team wp-net e.V.


Hat Ihnen der Artikel gefallen?
Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie die neuesten Beiträge zuerst!

Besuchen Sie auch gerne unserem YouTube Wirtschaftsprüfer Infokanal WP-Verband.
Ihr kostenloses Abo & „Daumen-Hoch“ hilft dem WP-Mittelstand zu mehr Sichtbarkeit im YouTube Algorithmus.

Bildnachweis: Stock-Illustration: Lightspring/Shutterstock

 

Mark Schüttler
Author: Mark Schüttler

MITGLIED
WERDEN