Die Diskussion um die Einführung einer Gebührenordnung im Bereich der Wirtschaftsprüfung ist von zentraler Bedeutung und wirft zahlreiche wichtige Fragen auf. In unserem heutigen wp-weekly möchten wir Ihnen einen weiteren Einblick in diese Thematik bieten, die durchaus polarisierend und bedeutend für die Qualitätssicherung sowie die Zukunft der Prüfungspraxen ist.
WP StB RA Holger Friebel beleuchtet die unterschiedlichen Standpunkte und Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht. Die Debatte um die Implementierung einer Gebührenordnung in der Wirtschaftsprüfungswelt berührt verschiedene Aspekte, von der Sicherung qualitativer Standards bis hin zur Anziehung und Bindung zukünftiger Fachkräfte.
Tauchen Sie dieses Mal mit Holger Friebel in die Diskussion um die Gebührenordnung ein und verschaffen Sie sich einen Überblick über die Argumente, die nicht nur die Berufspraxis, sondern auch den Schutz der Verbraucher und die Zukunft der Branche maßgeblich beeinflussen kann.
In der nächsten Runde geht es ums Innenleben der Gebührenordnung. Die Pro-Argumente sind bekannt – darauf folgen Hinweise, wie die Gebührenordnung mit Leben und Zahlen gefüllt werden kann.
Weitere Argumente für die Gebührenordnung
Gebührenordnung für Pflichtprüfungen, aber keine Honorardeckelung
von WP/StB/RA Holger Friebel
Mitglied bei wp-net e.V.
Wir kennen keine wirksamere Qualitätssicherung als die Gebührenordnung. Denn eine qualitativ hochwertige Arbeit hat ihren Preis. Die Alternative zu Honorarverfall und Preisdumping sind der Verlust an Prüfungs- und Berichtsqualität. So urteilen auch viele kritische Professoren. Prof. Peemöller hat in allen vier Auflagen seines Buches über Bilanzskandale seine Finger in diese nicht heilende Wunde gelegt. Ein funktionierender Kapitalmarkt muss Vorrang haben gegenüber dem Einzelinteresse des Unternehmens, das eine billige Prüfung möchte. Das Mindesthonorar muss gesetzlich gewährleistet werden. Mehr wollen auch wir nicht! Eine mittelgroße KapGes kann nur in Ausnahmefällen für weniger als 20.000 EUR geprüft werden!
Weiterer Grund für eine Gebührenordnung: Das neue QMS kommt!
Große Veränderungen stehen den Prüfungspraxen bevor. Das neue Qualitätsmanagementsystem (QMS), bedeutet mehr Aufwand für die kleineren Prüferpraxen. Dazu wird die CSRD-Richtlinie den Aufwand für Weiterbildung und für die Implementierung neuer Prüfungsstrukturen noch zusätzlich erhöhen. Bei letzterer stellt sich nur noch die Frage, ob es eine Vorbehaltsaufgabe sein wird oder nicht. Der Abschlussprüfer wird in jedem Fall ein möglicher Prüfer sein. Wer Abschlussprüfer bleiben will, muss mit immensen Startkosten rechnen, wenn die IDW/WPK-Lösung kommt.
Bei wp.net wurde ein Arbeitskreis gebildet, der sich intensiv mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit und der Ausgestaltung einer Gebührenordnung beschäftigt.
Die Sinnhaftigkeit der Gebührenordnung beginnt mit der Einsicht
Ein zentraler Punkt ist, dass Prüfungshonorare bei Erstprüfung häufig zu Dumpingpreisen angeboten werden. Diese Aussage ist nicht auf Börsenprüfungen beschränkt. Mit Erlösen aus Beratungsleistungen werden Prüfungsleistungen quersubventioniert. Vorsicht: Nach der EU-Verordnung sind wegen der Trennung von Prüfung und Beratung diese Quersubventionierungen nur noch eingeschränkt möglich.
Auf dem Beratungsmarkt sind die Honorare hoch, da diese als spezifische und nachgefragte Dienstleistungen angesehen werden. Im Gegensatz zur Abschlussprüfung wird die Beratung konkret nachgefragt. Die Abschlussprüfung wird eher als lästige Pflicht empfunden.
Die qualitätssichernde Entgeltregelung überlebte nicht mal als Minimallösung
Für den Sieger der WPK-Beiratswahlen 2011, die Gschrei-Liste, war die Gebührenordnung ein wichtiges Thema. Die Gegner der Honorarordnung, von der Geschäftsstelle bis hin zu den Wahlverlierern, redeten dieses Ziel solange schlecht, bis nur noch eine qualitätssichernde Entgeltregelung übrig blieb. Und auch dieses Minimalziel scheiterte, weil die Abtrünnigen der Gschrei-Liste die erforderliche Zweidrittelmehrheit bei der Abstimmung 2013 verhinderten. Mangels Mehrheiten für die Gebührenordnung ist dieses Thema seit 2014 in der WPK tabu.
Honorargegner tischen Scheinargumente auf!
Der Kammervorstand hat in der Legislaturperiode 2018 bis 2022 mit Verweis auf EU-Recht wiederholt betont, dass Brüssel bei der Einführung einer Gebührenordnung nicht mitspielen würde. Grund: Die Vertragsparteien seien ausschließlich Unternehmer und deshalb würden Gedanken des Verbraucherschutzes hier nicht greifen. Diese Ausrede ist nur die halbe Wahrheit und nicht zu Ende gedacht.
EY-Wirecardfall spricht Tacheles
Die Abschlussprüfung dient dem Schutz des Kapitalmarkts, deswegen ist sie eine Pflichtprüfung. Die Akteure (Anleger) auf dem Kapitalmarkt sind zu einem beachtlichen Teil auch Verbraucher, auch wenn große Kapitalsammelstellen dazwischen geschaltet sind. Am Ende – und dies hat die Wirecardpleite gezeigt – wurde 22.000 Anlegern mit den billigen Honoraren die Altersversorgung geraubt. Erst das letzte Prüfungshonorar von EY überstieg die Marke von 4 Mio €. In den Jahren zuvor wurden rund 2 Mio. € pro Prüfung bezahlt.
Die Abschlussprüfung soll sicherstellen, dass sich gerade die Verbraucher/Anleger auf die öffentlichen Informationen verlassen können. Die Wirecardaktionäre werden uns hier zustimmen.
Gebührenordnung schafft besseres Prüfungsniveau, weil Unabhängige prüfen
Damit das Prüfungsniveau nicht nur hoch bleibt, sondern auch ständig verbessert wird, sind finanziell unabhängige Prüfer erforderlich. Diese Botschaft verkündet die APAS bei den Nicht-PIE-Prüfungen seit Jahren unter dem „Deckmantel“ der fünf kritischen Erfolgsfaktoren. Dieser APAS-Forderung kann aber nur mit einer Gebührenordnung Folge geleistet werden.
Hoher Ausbildungsaufwand vs. Dumpinghonorare vertreiben den Nachwuchs
Eine Gebührenordnung fördert das Interesse am Berufsstand und zieht potenziellen Berufsnachwuchs an. Die Gebührenordnung gewährleistet Einstiegsgehälter für Absolventen, die mit den üblichen tariflichen Strukturen in der Industrie vergleichbar sind. Darüber hinaus wirkt sich eine Gebührenordnung für Pflichtprüfungen auch auf die erzielbaren Honorare für freiwillige Prüfungen aus.
Ich erinnere an die Anwaltsgebührenordnung. Diese begann als Empfehlung des Berufsverbandes. Von da aus zog die Gebührenordnung immer größere Kreise, bis es im Jahr 1957 zum Erlass der BRAGO durch den Gesetzgeber kam.
Nur mit einer Gebührenordnung kann dem fortlaufenden Rückgang der Anbieterzahl im Prüfungsmarkt entgegengewirkt werden, indem sie Qualität und Nachwuchs langfristig sicherstellt.
wp-net ist die einzige Fraktion im Beirat der Wirtschaftsprüferkammer, die auf eine Gebührenordnung drängt – unterstützen Sie wp-net, um der Forderung nach einer Gebührenordnung Nachdruck zu verleihen!
Es grüßt Sie
Holger Friebel
Mitglied im Beirat der WPK
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Bildnachweis: Campre/Shutterstock