IDW-KI – Aller Anfang ist schwer!
Beitragsbild wp.weekly 25.04.25: Aller Anfang ist schwer! Wirtschaftsprüfung im Umbruch. Schwachstellen IDW-AI KI Pioneer Playground. Von Mark Schüttler
Kategorie: Aktuelles
Datum: 25.04.2025

Mark Schüttler beschäftigt sich heute mit dem Start der IDW-KI. Das IDW verfolgt wohl damit das Ziel, bei fachlichen Fragen eine digitale Unterstützung zur Verfügung stellen zu wollen.

Dabei wirft WP Schüttler auch den Blick auf die Zielrichtung des IDW-KI-Systems „AI-Pioneer Playground“. Ob die Fokussierung auf nur eigene Literatur zielführend ist, wird der Markt entscheiden. Auch wenn dies aus IDW-Sicht zunächst nachvollziehbar erscheint, wirft es jedoch Fragen hinsichtlich der fachlichen Tiefe und praktischen Relevanz auf.

Lassen Sie sich von Mark Schüttler tiefer in die IDW-KI einführen. Denn der Beitrag beleuchtet die Schwachstellen der IDW-KI, analysiert ihre Positionierung sowie die fachlich-inhaltlichen Defizite und diskutiert die Implikationen für den WP/vBP-Berufsstand..

Mit kollegialen Grüßen
Ihre Anette Ott, WPin/StBin

und das Team von wp.net

wp.weekly

 


 

Der Start der IDW-KI zeigt: Das „AI Pioneer Playground“ soll keine Unterstützung bei der praktischen Prüfungsdurchführung leisten. Vielmehr werden fachliche Fragen auf Basis IDW-eigener Verlautbarungen beantwortet. Diese Einschränkung ist nachvollziehbar, aber als KI-Lösung problematisch:

  • Die Behandlung fachlicher Fragen erfolgt isoliert von der Anwendungspraxis
    und geht sehr schnell an der Realität vorbei.
  • Eine KI, die nur IDW-Standards referenziert, ohne deren Einbettung in Prüfungssituationen zu erkennen,
    verfehlt ihr Potenzial als fachlicher Assistent.

Kritik:
Die IDW-KI wird als „intelligent“ positioniert, agiert aber wie eine digitale FAQ mit begrenztem Kontextverständnis.

 

Wenn die IDW-KI ausschließlich auf IDW-Verlautbarungen zurückgreift – die zudem separat gekauft werden müssen – stellt sich die Frage nach der fachlichen Tiefe:

  • kein Zugriff auf alternative Fachliteratur, Kommentierungen, internationale Standards oder Rechtsprechung“.
  • Gefahr der „Informationsinsel“. Fachliche Meinungen, die nicht dem IDW-Mainstream folgen (z.B. kritische Kommentierungen im DB oder BB, werden ausgeblendet.
  •  Im schlimmsten Fall: Verstärkung von „Verlags-Silos“, die sich gegenseitig nicht mehr kritisch spiegeln.

Fazit:
Das ist keine „neutrale“ Fach-KI, sondern eine verlagsgebundene Interpretationsmaschine mit enger Quellenbasis. 

 

Ich fragte die IDW-KI etwas, das sich allein anhand der Kenntnisse des IDW PS 400 n.F. (10.21) beantworten lässt.

„Ich bin Abschlussprüfer und prüfe das Geschäftsjahr 2024.
Das Geschäftsjahr 2023 wurde noch nicht festgestellt.
Was tun?“

 

Erst mit der Feststellung wird der Vorjahresabschluss verbindlich. Bis zur Feststellung ist der Jahresabschluss 2023 nur ein Entwurf, ist also jederzeit änderbar. Also sind auch die EB-Werte des zu prüfenden Geschäftsjahres 2024 jederzeit änderbar.

Der Prüfer muss seinen Bestätigungsvermerk für 2024 bedingt erteilen. Vor Feststellung 2023 ist der Bestätigungsvermerk 2024 nicht erteilt, vielmehr schwebend unwirksam. Mit der Feststellung ist der Bestätigungsvermerk automatisch erteilt. Der Prüfer muss den Bedingungseintritt – Feststellung – weder prüfen, noch bestätigen (IDW PS 400 n.F. (10.21), Tz. 96 u. Tz. A97 ff.).

Ausnahme:
Kann der Prüfer mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, dass der noch nicht festgestellte Vorjahresabschluss ohne Feststellung beibehalten werden soll, muss der Bestätigungsvermerk nicht aufschiebend bedingt erteilt werden (IDW PS 400 n.F. (10.21), Tz. A100).

  • Die Bedingung ist dem Bestätigungsvermerk unmittelbar voranzustellen (IDW PS 400 n.F. (10.21), Tz. 98).
  • Eine IDW-Musterformulierung gibt es auch (IDW PS 400 n.F. (10.21), Tz. A102).

 

„Als Abschlussprüfer des Geschäftsjahres 2024 müssen Sie sicherstellen, dass die Bestellung ordnungsgemäß erfolgt ist.

Bei gesetzlichen Abschlussprüfungen ist es erforderlich, dass die Bestellung des Abschlussprüfers für das jeweilige Geschäftsjahr ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Sollten Mängel bei der Bestellung identifiziert werden, müssen diese spätestens bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks beseitigt werden, da andernfalls ein Jahresabschluss gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG nichtig sein kann (…).

Zudem ist für jedes Geschäftsjahr, für das eine Prüfungspflicht besteht, ein gesonderter Bestätigungsvermerk zu erteilen. Dieser Bestätigungsvermerk ist Voraussetzung für die Feststellung bzw. Billigung des Abschlusses für das jeweilige Geschäftsjahr und muss mit dem Abschluss nach § 325 HGB offengelegt werden (…).“

Fazit:

  • IDW AI Pioneer Playground verwechselt Feststellung des Jahresabschlusses mit Bestellung des Abschlussprüfers! Keine Zitierung des IDW-PS Tz. 400 n.F. (10.21), keine Einordnung, keine korrekte Differenzierung.
  • Die Antwort der IDW-KI ist unbrauchbar.

 

Und so gilt für die IDW-AI Pioneer Playground frei nach Friedrich von Schiller: 

„Drum prüfe, wer mit IDW-KI sich bindet, 
ob sich nicht was Besseres findet.“ 


Herzliche Grüße
Ihr Mark Schüttler, WP/StB

Mitglied im Beirat der WPK
und das Team von wp-net


 

Hat Ihnen der Artikel gefallen?
Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie die neuesten Beiträge zuerst!

Besuchen Sie auch gerne unserem YouTube Wirtschaftsprüfer Infokanal WP-Verband.
Ihr kostenloses Abo & „Daumen-Hoch“ hilft dem WP-Mittelstand zu mehr Sichtbarkeit im YouTube Algorithmus.

Bildnachweis: Stock-Illustration: Shutterstock

Mark Schüttler
Author: Mark Schüttler

MITGLIED
WERDEN