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Beitragsbild wp.net-News wp.weekly 21.03.25 "Mittelständische WP-Gesellschaften werden zur Berufsausübungsgesellschaft? Von Dipl. Kfm. Holger Friebel
Kategorie: Aktuelles
Datum: 21.03.2025

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Berufsausübungsgesellschaften sind heute eine Organisationsform für Steuerberater und Rechtsanwälte, um ihre Dienstleistungen gemeinschaftlich anzubieten. Damit wird heute schon den RA/StB-Freiberuflern eine effizientere Mandatsbetreuung, bessere Ressourcennutzung und eine stärkere Spezialisierung ermöglicht. Die Steuerberater und Rechtsanwälte haben sich diese Freiheiten gewünscht und auch bekommen.

Ich kenne keine Initiative der WPK, um den freiberuflichen WP/vBP-Beruf zu stärken. Es wurde daher Zeit, dieses Thema wieder aufzurufen. Vor allem, da der Big4-Interessenvertreter IDW dieses Ziel schon 2019 ins Auge fasste. Neben Rechtsgeschichte zu diesem Thema erinnert WP/StB/RA Holger Friebel an die vor einigen Jahren eingeführte Berufsausübungsgesellschaft für Steuerberater und Rechtsanwälte.

Der Dreibänder Holger Friebel hat sich dieses Themas angenommen und darüber eine spannende Geschichte geschrieben.

Ich wünsche Ihnen beim Lesen wertvolle Erkenntnisse.

Ihr WP Jörg Rompf
und das Team von wp-net

wp.weekly

 


 

Das Recht der Prüfungsgesellschaften war Ende letzten Jahres sowohl Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen als auch gesetzgeberischer Diskussionen – spürbare Veränderungen blieben jedoch aus. Zum einen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Verbot reiner Finanzinvestoren als Gesellschafter im Berufsrecht der deutschen Rechtsanwälte bestätigt. Dies gilt selbst dann, wenn eine Satzung – wie im entschiedenen Fall – ausdrücklich den Finanzinvestoren untersagt, sich in den laufenden Geschäftsbetrieb einzumischen. Der EuGH sah dennoch einen zu großen verbleibenden Einfluss.

Die EuGH-Entscheidung war wegen eines Versehens des Registergerichts Traunstein notwendig geworden. Das deutsche Gericht hatte die Eintragung der klagenden Unternehmergesellschaft in das Handelsregister zugelassen – obwohl deren Satzung gegen das Berufsrecht der Rechtsanwälte verstieß. Erst die Rechtsanwaltskammer München verweigerte schließlich die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft.

Da der Finanzinvestor aus Österreich stammte, war die Freizügigkeit und Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der EU betroffen – und damit die Zuständigkeit des EuGH gegeben. Angesichts der hohen Bedeutung, die der EuGH den europäischen Verkehrsfreiheiten beimisst, ging die Fachwelt zunächst von einem Erfolg der Klage gegen die Nichtzulassung aus. Der EuGH aber gab der Beklagten Rechtsanwaltskammer recht und bestätigte damit die deutschen Regelungen. Die Beschränkung auf bestimmte zulässige Gesellschafter ist mit EU-Recht vereinbar.

Für die WPs gibt es dennoch keinen Grund zur Entwarnung. Denn § 28 WPO eröffnet die Möglichkeit, EU-Abschlussprüfungsgesellschaften als Gesellschafter aufzunehmen. Kommt eine solche Gesellschaft also aus einem EU-Land, in dem das Berufsrecht die Beteiligung reiner Finanzinvestoren zulässt, können sich diese mittelbar auch an deutschen WP-Gesellschaften beteiligen. Damit bleibt eine Hintertür offen, um das Verbot in Deutschland faktisch zu unterlaufen.

Wer glaubt, dass der indirekte Einfluss reiner Finanzinvestoren minimal bleibt, unterschätzt die Dynamik der Praxis. Eine deutsche Prüfungsgesellschaft kann gezielt eine EU-Gesellschaft gründen: Ihr alleiniger Zweck ist, Finanzinvestoren als Gesellschafter zu gewinnen. Die rechtlichen und praktischen Hürden für dieses Modell sind aufgrund der bestehenden Freizügigkeit innerhalb der EU gering. Klar ist: Durch diese gezielte Gründung steigt der Einfluss externer Investoren von Beginn an erheblich, da die neue Einheit faktisch als reine Zweckgesellschaft fungiert.

Die BStBK sieht die Unabhängigkeit der Steuerberatungsgesellschaften in Gefahr. Da diese uneingeschränkt mit deutschen sowie europäischen Prüfungsgesellschaften kooperieren dürfen, könnten Finanzinvestoren auch indirekt Einfluss gewinnen. Die BStBK will dieses Einfallstor schließen und setzt sich aktiv für eine entsprechende Regelung ein.

Bereits 2019 machte sich das IDW für die Öffnung des Gesellschafterkreises stark. Die wp.net-Mitglieder des damaligen WPK-Vorstands lehnten die Finanzinvestoren ab. Im Oktober 2024 gab es eine erneute IDW-Stellungnahme zur 5. Änderung der WPO mit der Forderung nach einer Öffnung des Gesellschafterkreises von Prüfungsgesellschaften – insbesondere für alle freien Berufe.

Verbal wurde die vorgeschlagene Öffnung als Einführung von Berufsausübungsgesellschaften nach dem Vorbild der Steuerberater und Rechtsanwälte dargestellt. Doch dieser Vergleich hält einer genaueren Analyse nicht stand.

Zwar wird mit dem neuen Modell eine erhebliche Änderung angestrebt – insbesondere durch die Erweiterung des Gesellschafterkreises. Doch während das Berufsrecht der Berufsausübungsgesellschaften lediglich eine Öffnung für bestimmte freie Berufe vorsieht, würde die vom IDW vorgeschlagene Änderung doch wieder den Finanzinvestoren den Einstieg ermöglichen.

Eine weitere zentrale Veränderung durch die Einführung von Berufsausübungsgesellschaften betrifft die Mehrheits-Anforderungen an den Gesellschafter- und Geschäftsführerkreis. Bisher ist die Befugnis zur Tätigkeitsausübung an eine Mehrheit von Berufsträgern in beiden Gremien geknüpft. Die Abschaffung dieser Regelung hat das IdW nicht gefordert.

Gerade diese Voraussetzung macht jedoch den besonderen Reiz der Berufsausübungsgesellschaften aus. Bereits heute kann beispielsweise ein Steuerberater durch den Erwerb eines kleinen Anteils an einer Anwaltskanzlei offiziell Rechtsberatung anbieten – und umgekehrt ein Rechtsanwalt steuerliche Hilfeleistungen. Voraussetzung ist, dass die fachlichen Aufgaben jeweils von den entsprechenden Berufsträgern übernommen werden. Für Kunden entsteht dennoch der Eindruck einer Beratung „aus einer Hand“ – eine Struktur, die nach meiner Erfahrung als Dreibänder* auf durchwegs positive Resonanz stößt.

*Dreibänder: Praxisinhaber mit drei Berufsqualifikationen (z. B. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt).

Bis heute bieten nur eine Handvoll Dreibänder sowie die großen Prüfungsgesellschaften eine umfassende interdisziplinäre Beratung an. Mittelständische Prüfer hingegen bleiben außen vor. Ist es das Ziel des IdW, die vielen Mittelständler bewusst von der steigenden Nachfrage nach integrierten Beratungsleistungen auszuschließen?

Durch das Festhalten an den Majoritätserfordernissen bei Gesellschaftern und Geschäftsführern bleibt mittelständischen Prüfern der Zugang zum Angebot einer umfassenden Beratung aus einer Hand verwehrt. Je größer die Gesellschaft, desto leichter lässt sich die vorgeschriebene Mehrheit mit Wirtschaftsprüfern besetzen.

Damit profitieren vor allem größere Gesellschaften, die die klassische mittelständische Prüfung längst hinter sich gelassen haben – und genau diese scheinen im Fokus der „IdW-Modernisierung des WP-Berufs“ zu stehen.

Als einzige Interessenvertretung setzt sich wp-net aktiv für die vollständige Einbindung der Wirtschaftsprüfer in das System der Berufsausübungsgesellschaften ein. Ein kooperierender Rechtsanwalt könnte so gezielt Abschlussprüfungen seinen Mandanten empfehlen und damit auch von der Beständigkeit der Steuerberatungs- und Prüfungsmandate profitieren.

Wirtschaftsprüfer wiederum müssten sich weniger mit der Problematik der unerlaubten Rechtsberatung auseinandersetzen – einer rechtlichen Hürde, die den Berufsalltag unnötig erschwert. Ein solches Modell würde für alle Beteiligten eine echte Win-Win-Situation schaffen.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr
Holger Friebel
und das wp-net-Team


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Bildnachweis: Stockvektorgrafik: Yuriy2012/Shutterstock

 

Holger Friebel
Author: Holger Friebel

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